Die Übungen des Meisters im Messerschleifen aus Osaka

Mein Blog zum Thema Üben war in Arbeit, aber kam nicht recht in Fahrt. Was soll ich dazu sagen: wer übt, erlebt, wie die Übungen sich entfalten. Jede Einheit gibt einer einzigen Übung eine neue Dimension. Nur: wer übt schon??

Die Einladung zum 10. Jubiläum des japanischen Restaurants Dots in der Mariahilferstraße war eine willkommene Unterbrechung. Was mich dort erwartete, war vollkommen unerwartet und überaus spannend. Auf einer kleinen Bühne, die im Party-Getümmel beinahe unterging, stand ein Mann hinter einem Tisch mit vielen Messern – und vielen Steinen, echten und künstlichen. Murakami Koichi, der Meister im Messerschleifen aus Osaka, Japan. Bis zu 8 Stunden am Stück schleift er an einem Messer. Er beginnt mit einem Metall-Block, der mit Diamantensplitter belegt ist. In 2 unterschiedlichen Stärken, danach an 3 künstlichen Steinen mit unterschiedlichen Stärken. Es folgen echte Steine, in größeren und kleineren Blöcken. Alles wird mit Wasser besprengt, dann wird die Schneide des Messers darauf hin- und hergeschoben, mit dem Druck aller Finger einer Hand. Schwarz setzt sich teilweise Stahl ab, in kleinen Schalen steht Wasser bereit zum Reinigen der Steine und des Messers.

Es liegt auch ein kleines Schweizer Messer neben den großen Messern. Immer wieder gibt Murakami Koichi Schneide-Proben. Zeitungspapier wird mühelos und in geraden Schnitten geteilt. Auch mehrere Seiten einer Zeitung, gefaltet und zusammengedreht, werden mühelos durchtrennt. Das kleine Schweizer Messer trennt Plastik ohne Druck.

Murakami Koichi kündigt an, dass er mit unterschiedlichen Messern Gemüse schneiden wird. Und dass man am Geschmack erkennt, mit welchem Messer geschnitten wurde. Tomaten und Gurken werden mit einem geschliffenen Messer aus deutschem Stahl, mit einem ungeschliffenen Messer und mit einem Messer aus japanischem Stahl geschnitten. Beim ungeschliffenen Messer ist schon beim Schneiden zu sehen, dass Druck angewendet werden muss. Doch das deutsche und das japanische Messer sind gleich leicht zu handhaben und beide schneiden feinste Scheiben. Wie kann sich hier der Geschmack erkennbar unterscheiden? Doch – er tut es und es ist offensichtlich. Die Gurkenscheiben und Tomatenstücke, die mit dem japanischen Messer geschnitten sind, schmecken frischer, klarer, lebendiger. Für mich, für meinen Mann, für einen später dazu gekommenen Gast, der zwar die Qualität der Tomaten moniert, aber den Unterschied schmeckt.

Das Schleifen ist eine Übung, danach frage ich. Murakami Koichi sagt, dass er zuerst Steinkunde studiert hat, um über die Qualität der Steine Bescheid zu wissen. Und um seine Kraft richtig einzusetzen, übt er die Übungen des Qi Gong und der Kampfkunst. Er könnte seine Kunst des Messerschleifens gar nicht ausüben ohne die Übungen der Kampfkunst.

Das Üben ist das Wichtigste überhaupt. Üben wir doch täglich das Leben, einiges wird geläufig über die Jahre. Doch vieles ist immer wieder neu und erfordert geduldiges Darauf-Eingehen: Das ist Üben.

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http://togiyamurakami.jp/

In diesem Sinne: Bis bald bei Tai Chi und Qi Gong … lasst es fließen!